divia Gmbh 12. Dezember 2013

Mobile Health - die "digitale" Revolution des Gesundheitswesens? (2)

Nach dem Blick auf die „Amateure" (Link zu Teil 1) werfen wir einen Blick auf die Profis. Wie gehen Unternehmen der Gesundheitsbranche und medizinisches Fachpersonal mit Mobile Health (mHealth) um?

Krankenhäuser sind ja nicht nur die Ballungszentren medizinischer Leistungsfähigkeit, sondern auch die letzten Bastionen des Papiers. Haben Sie sich nicht auch schon gefragt, warum immer noch alle Daten auf Papier und in dicken Akten aufgenommen, transportiert und archiviert werden, während nahezu der gesamte Rest der westlichen Arbeitswelt digital und mobil unterwegs ist?

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Vom Papier zum PC, vom PC auf das Smartphone? Die Zukunft des Gesundheitswesens

Das Klinikum Emden ist da schon einen Schritt weiter. Die Verantwortlichen haben beispielsweise ein Radiologie-Informations-System (RIS) eingeführt – sowie ein Bilddatenarchivierungs- und Kommunikationssystem (PACS). Neuerdings kam noch ein digitales Datenarchivierungssystems (DMS) dazu. Damit ist das Klinikum auf dem besten Wege zum „digitalen“ Krankenhaus. Aber auch hier werden mobile Endgeräte nicht in die tägliche Arbeit integriert, mHealth bleibt bislang außen vor.

Dabei gibt es zahlreiche Ideen, wie mobile Endgeräte sinnvoll für das medizinische Personal nutzbar wären – und gleichzeitig Effizienz schaffen.

Professional Mobile Health – die Technik ist bereit, …

Erst im Oktober dieses Jahres gewann die xonion GmbH den Best Mobile Award 2013 für das Produkt „patients2go“. Der Sinn dieser Applikation besteht darin, dass Ärzte oder anderes medizinisches Fachpersonal alle Daten der Patientenakte auf mobilen Geräten stets verfügbar haben. So werden die Kommunikationswege verkürzt und es können schnellere Entscheidungen getroffen werden.

Ein weiteres Beispiel sind sogenannte Imageviewer, die es ermöglichen z.B. Röntgenbilder digital auf einem Tablet anzuzeigen. Bilder sind damit ohne großen Versand, Druck- oder Anforderungsaufwand verfügbar.

Einen Schritt weiter geht cardioSecur: Hier kann der Patient ein EKG-Kabel an sein Smartphone anschließen und die Herzfrequenz live an seinen Arzt schicken. Dieser kann dann die Gefahr eines Herzinfarkts schnell erkennen. Sogar Fluggesellschaften haben dieses Produkt schon angefragt, um Brustschmerzen eines Passagiers richtig einordnen zu können und eine Notlandung wegen Herzinfarkts zu vermeiden.

Seit Anfang des Jahres ist bereits eine Applikation von cardioSecur auf dem Markt, die es Ärzten ermöglicht, die EKG-Kurve eines Patienten auf dem iPad live zu verfolgen. Dies dient vor allem Ärzten, die viel unterwegs sind und auch außerhalb des Krankenhauses Zugang zu Patientendaten brauchen.

… die Branche noch nicht!

Wenn es also so viele schlaue Apps, Produkte und IT-Lösungen in diesem Bereich gibt, warum wird mHealth dann nicht flächendeckend eingesetzt? Die Gesundheitsbranche ist eine sehr sensible Branche. Gesundheitsdaten sind per se personenbezogen. Und da greift zu Recht der Datenschutz. Allerdings erhöhen solche Rahmenbedingungen nicht gerade die Innovationsbereitschaft. Im Klartext: Hier kann nicht jede Idee einfach mal ausprobiert werden. Da es um mehr als Umsatzverluste geht und möglicherweise Menschenleben von der Technik abhängen, sind die Profis vorsichtig, was Neuerungen angeht. Mögen all die tollen Funktionen noch so überzeugend klingen, gibt es doch einiges, was auch zum Nachdenken anregen sollte:

1. Das liebe Geld

Jede Neuerung braucht einen Geldgeber. Doch solange es keine geprüften wissenschaftlichen Studien zum wirklichen Nutzen und Mehrwert von mHealth gibt, wird keine Krankenkasse für die Kosten aufkommen.

2. Mit der Zeit gehen

Ein weiteres Problem ist die unglaublich schnelle Weiterentwicklung der Geräte. Tablet, Smartphone & Co. sind keine medizintechnischen Anlagen, welche sich Das Wort spielautomaten kostenlos entstand einmal die Symbole um die Spulen verwendet verschiedene Fruchte anstelle der Suiten von Herz, Karo, Kreuz und Pik, die auf eine Packung von Poker-Karten verwendet werden. vor allem durch Langlebigkeit und Robustheit auszeichnen. Sie werden mit verhältnismäßig geringer Laufzeit für den Endkunden produziert, der nach spätestens 2 Jahren ein Nachfolgeprodukt kaufen soll. Dies kann in dieser Art und Weise schwer auf das Gesundheitswesen übertragen werden. Dort werden langfristige Lösungen benötigt.

3. Was passiert mit meinen Daten?

Auch der Datenschutz darf – wie bereits erwähnt - nicht unter den Teppich gekehrt werden. Schon die elektronische Gesundheitskarte litt unter dieser Diskussion; mit dem Resultat massiver Verzögerungen bei der Einführung. Wer relevante Patientendaten mobil abspeichert, muss sicherstellen, dass kein Unbefugter Zugriff auf die Daten bekommt. Denn mit den Daten ließe sich eine gesamte Krankheitsgeschichte rekonstruieren und viele sensible und vertrauliche Daten könnten in die falschen Hände gelangen.

4. Virenschleuder 2.0

Der Hauptübertragungsweg für Bakterien in Krankenhäusern sind Hände. Wenn Tablets zwischen Ärzten und Patienten von Hand zu Hand gehen, werden in bisher ungekanntem Maße Bakterien weiterverbreitet. Denn die Lösung, mit welcher Medizinprodukte normalerweise regelmäßig desinfiziert werden, verträgt sich nicht mit den Displays der mobilen Geräte.

All dies sind Schwierigkeiten, welche die Entwicklung des Themas Mobile Health bremsen und das vorhandene Potenzial ungenutzt lassen.

Das „neue“ Gesundheitswesen oder nur ein kurzer Hype?

Wohin also führt der Weg von mHealth? Überwiegen die Vorteile oder liegen zu viele Stolpersteine auf dem Weg der „digitalen Revolution“ des Gesundheitswesens? Welche Möglichkeiten in diesem Bereich stecken, können folgende Zahlen umreißen:

  • Laut einem Bericht von pwc.de glauben 59 % der Ärzte, dass mHealth sich durchsetzen wird.
  • Dem Ärzteblatt zufolge stehen ca. 60% der Bundesbürger Gesundheits-Apps positiv gegenüber.
  • Gemäß A.T. Kearney soll das Volumen des Gesamtmarkts von mHealth bis 2017 rund 3 Mrd. US-Dollar betragen. (2012: 906 Mio.)
  • Das umsatzstärkste Segment dabei wird die Hardware sein. Aktuell macht dieser Bereich 427 Mio. € des Gesamtmarktes aus und soll bis 2017 nochmal um 33 % wachsen.

Diese Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: mHealth sollte eine rosige Zukunft bevorstehen. Beim Blick in die Zukunft muss aber wieder unterschieden werden zwischen Consumer- und Professional-Markt.

Der Zweig der Gesundheits-Apps wird auch in naher Zukunft rasant wachsen. Hier liegt die Herausforderung darin, das Gute vom Schlechten zu trennen. Dies kann auf behördlichem Wege durch Zulassungen und Beschränkungen oder direkt von den Konsumenten über Bewertungsportale geschehen.

Im Bereich des Einsatzes mobiler Technologien im Krankenhaus sind noch einige Hürden zu nehmen. Hier ist mHealth noch auf der Startlinie und muss sich durch Themen wie Kostenübernahme, Qualitätssicherung und Datenschutz kämpfen. Es wird sicherlich noch einiges an Zeit benötigt, bis der große Durchbruch geschafft ist. Doch der Weg hin zu digitaler und mobiler Technologie wird über kurz oder lang auch für das Gesundheitswesen nicht zu vermeiden sein. Allein aufgrund der Kostenexplosion des deutschen Gesundheitssystems, des demografischen Wandels oder der immer ausgereifteren Techniken ist der Einsatz von mHealth meiner Meinung nach unausweichlich. Die Frage ist nur, wie lange es dauert.

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