Navin Mani 5. August 2016

Hat das Marketing des IOC olympisches Niveau?

 Heute Nacht, 1:00 Uhr europäischer Zeit, beginnen die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro mit der offiziellen
Eröffnungszeremonie. Bei den ersten Spielen in Südamerika treten 10.500 Athletinnen und Athleten aus 205 Ländern gegeneinander an. Für sie stellt es den Höhepunkt ihrer Sportlerkarriere dar. Wir wünschen ihnen allen viel Erfolg.Doch die Olympiade ist längst mehr als eine Sportveranstaltung, sie ist zu einem Geschäftsmodell geworden - für die Städte, die sie ausrichten, für Bauunternehmen, Fernsehsender, Sponsoren und Sportverbände sowie - last but not least - die teilnehmenden Sportler. Letztere müssen sich neben dem sportlichen auch einem umfangreichen olympischen Regelwerk beugen, damit sie ihre Karriere mit der Olympiateilnahme krönen dürfen.

Und wie jedes Geschäftsmodell kommt auch dieses nicht ohne professionelles Marketing aus. Die Marketing-Hoheit der olympischen Spiele liegt beim IOC; die Rechte, mit Olympia zu werben lassen sich IOC und Mitgliedsverbände fürstlich entlohnen. Hierfür garantieren sie ihren Sponsoren eine Exklusivität, die weit in die Handlungsfreiheit (und Taschen) der teilnehmenden Sportler und ihrer nicht-olympischen Sponsoren hineinreicht.

Als Marketing Beratung fragen wir uns, was für Auswirkungen dieses Vorgehen hat und haben kann. Und wir sind uns nicht sicher, dass diese Vorgehensweise des IOC sinnvoll ist. Damit die Olympiade einen markenrechtlichen Schutz bekommt, wurde im Rahmen der deutschen Bewerbung 2004 das Olympia-Schutzgesetz erlassen - und so wollen wir Olympia in diesem Sinn als Marke betrachten:

§ 1 Gegenstand des Gesetzes

  1. Gegenstand dieses Gesetzes ist der Schutz des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnungen.
  2. Das olympische Emblem ist das Symbol des Internationalen Olympischen Komitees bestehend aus fünf ineinander verschlungenen Ringen nach dem Muster der Anlage 1 (Olympische Ringe).
  3. Die olympischen Bezeichnungen sind die Wörter "Olympiade", "Olympia", "olympisch", alle diese Wörter allein oder in Zusammensetzung sowie die entsprechenden Wörter oder Wortgruppen in einer anderen Sprache.

Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/olympschg/gesamt.pdf

Mit der Regel 40 seiner Charta erweitert das IOC seinen Markenschutz dergestalt, dass nicht-olympischen Sponsoren jegliches Werben mit ihren Sportlern untersagt ist, das im direkten Zusammenhang mit den aktuellen olympischen Spielen steht und nicht vom IOC und den NOC genehmigt wurde. Und das auf dem Höhepunkt der Sportlerkarriere - dem interessantesten Zeitpunkt für Sponsoren.

Aber zurück zu Olympia als Marke. Was macht die Marke stark? Wofür steht Olympia? Und was schwächt die Marke?  

Das olympische Motto

„Dabei sein ist alles!“ – das ist das olympische Motto, zumindest denkt das die Mehrzahl aller Menschen, die man fragt. Stimmt aber nicht. „Citius, altius, fortius“, zu Deutsch: „Schneller, höher, stärker“ ist das wahre Motto der #Olympischen #Spiele. Auch das der Wettkämpfe von #Rio2016, die diesen #Sommer in Brasilien stattfinden.

Verfolgt man die aktuell hitzige Diskussion über die angepasste Regel 40 der Olympischen Charta, fällt auf, dass dieses Motto scheinbar nicht mehr eine Aufforderung an die Sportler beinhaltet, sondern vielmehr Ausdruck eines Selbstverständnisses von Funktionären und Markenrechtlern geworden ist. Schade eigentlich. Und schädlich. Denn so entsteht eine ganz und gar unsportliche Atmosphäre, die Regeln mehr Raum und Aufmerksamkeit schenkt als dem Sport. Und das kann langfristig nur schaden.

Sportler sind wichtiger als der Wettkampfveranstalter

Regel 40 der Charta besagt also, dass nicht-olympische Sponsoren nicht mit der Teilnahme ihrer Sportler an den #Olympischen Spielen werben dürfen. Wir sprechen dabei von den Sponsoren, die nicht das Säckel des IOC und seiner Anhängsel füllen, sondern jahrelang Sportler und Sportvereine aufbauen und so erst die Grundlage für interessante Wettkämpfe und eine lebendige Sportszene schaffen. Und das ist hochkritisch für den Sport und eine massive Ungleichbehandlung. Es sind eben selten die großen Sponsoren, die Sportlern ihren Weg zur Olympiade ermöglichen. Das sind die mittelständischen Betriebe, die sich jahrzehntelang für den Sport in ihrer Region einsetzen: Sie haben einen größeren Anteil am Erfolg ihrer Schützlinge als die Ausrichter eines Wettkampfs oder gar deren Sponsoren.

Das falsche Versprechen der Exklusivität?

Mit Regel 40 wird den olympischen Sponsoren eine weitreichende Exklusivität zugesichert. Sie ist der Versuch, die Markenkommunikation von Nicht-Partnern zu kontrollieren. Aus Angst vor Repressalien nehmen manche Sportler ihre Webseiten vom Netz, andere durchforsten ihr Marketingmaterial auf mögliche Regelverstöße. Natürlich möchte kein Athlet seinen sportlichen Erfolg wegen einer solche "Lapalie" riskieren. Andererseits werden die Marketingabteilungen der größeren Sportlersponsoren bereits gemeinsam mit ihren Rechtsabteilungen die Messer wetzen und sich kreative Reaktionen auf das aggressive Vorgehen des IOC überlegen - immerhin hat das IOC angekündigt, Ambush Marketing Aktionen nach eigenem Ermessen zu verfolgen. Diese Warnung alleine macht eindeutig klar, dass es nicht um den Schutz der eigenen Marke geht, sondern um den Werbenutzen der Veranstaltungssponsoren. Diese dürfen nach Lust und Laune über die von ihnen gesponserten Athleten berichten.

Ob die Regel 40 einer Forderung der Veranstaltungssponsoren folgt, oder sogar Bestandteil der Verträge mit ihnen ist, ist unklar. Klar ist, dass auf diesem Weg die Attraktivität von Sportlersponsoring langfristig geschädigt wird. Ob das die #Spiele interessanter macht? Unbeobachtet und unkommentiert passiert es jedenfalls nicht. Fragt sich also, ob hier nicht die #olympischen Sponsoren gegensteuern sollten, schließlich fällt die negative Resonanz auch auf sie zurück.

Wer gegen das Internet kämpft, verliert

Klar, man kann alles mal ausprobieren. Aber Hashtags zensieren? Facebook, Twitter und Co. sind keine reinen Werbeplattformen. Unternehmen nutzen sie zwar auch, aber in ihrem Kern sind sie Kommunikationsmittel, die von der freien Rede zwischen Menschen leben. Diese reglementieren zu wollen, widerspricht ihrem Zweck und Reiz. Und ganz ehrlich: souverän kommt das eher nicht rüber. Da hilft es auch nicht, wenn Michael Vesper, Chef de Mission der deutschen Olympiamannschaft in Rio, Meldungen über das angebliche "Hashtag-Verbot" durch den DOSB widerspricht - denn dieser verbietet weiterhin Posts mit kommerzieller Absicht und die wird wohl schon angenommen, wenn ein Sportler sich bei seinem Sponsoren bedankt. Das ist nichts anderes als Zensur des Internets und das Internet kontrollieren zu wollen, hat einen eindeutigen Nebeneffekt: die Netzwelt wird immer kreativer in der Umgehung eben dieser Kontrollen.

There is no such thing as bad publicity? 

Das ist die eine Seite. Es regt sich auf der anderen Seite allerdings der Verdacht, dass dieser Effekt eventuell sogar gewollt sein könnte. Immerhin arbeiten beim IOC keine Anfänger. Wollten die Verantwortlichen den medialen Aufschrei, der mit der Reaktion der amerikanischen Sportler begonnen hat, sogar verursachen?  Zwar gehören die olympischen Spiele regelmäßig zu den Quotengewinnern im Fernsehgeschäft, aber von Einschaltquoten eines Fußball-WM-Finales sind die einzelnen Wettbewerbe weit entfernt. Kann es sein, dass man beim IOC auf Kosten der Sportler ein subversives Guerilla Marketing betreibt? Für empfehlenswert halten wir das nicht, da das, was den Sportlern schadet, auch der Qualität der Wettbewerbe schadet. Man darf auch hier gespannt sein, wie restriktiv und aggressiv Verstöße gegen Regel 40 tatsächlich geahndet werden. Als Online Marketing Beratung sind wir sehr neugierig, welche kreativen Potentiale als Reaktion auf die Vorgehensweise des IOC freigesetzt werden. Ein gute Idee gibt es mindestens schon: In seiner Kolumne "#Rio2016-Verbot: Wie bekloppt kann's noch werden?" träumt Johnny Haeusler auf wired.de davon, dass "jeder einzelne Tweet, ob werblich oder nicht, mit dem Hashtag #Rio2016 versehen wird". 

Image vs. Identität

Gehört „Olympia“ wirklich dem IOC? Das ist zumindest kulturell diskutabel. Olympische Spiele hat es schon lange vor unserer Zeit gegeben – ganz ohne IOC. Und auch ohne Regel 40. Schon wenn man „der olympische Gedanke“ sagt, erwartet jeder im Folgenden etwas erhabenes, souveränes und ehrenvolles. Misst sich das IOC überhaupt noch an diesen Maßstäben?

Sie sollten es tun, denn so, wie sie sich in den letzten Jahren der Öffentlichkeit präsentieren, zehren sie zwar noch von einem positiven Image, dokumentieren aber kontinuierlich eine davon abweichende Identität. Das wird auch die Markenwahrnehmung verändern und letztlich ihr Image beschädigen.

Auch für das IOC gelten Regeln

Auch wenn das IOC gerne ReTweets verbieten würde: grundsätzlich haben sie kein Recht dazu. Wer etwas in Social Media postet, verliert über die weitere Entwicklung und Verteilung die Kontrolle. Es mutet schon fast wie der kindliche Versuch an, mit einem Widerspruch gegen die AGBs von Facebook die bereits abgetretenen Rechte wiederzubekommen. Mehr als ärgerlich für die Sportler und damit den Sport im Allgemeinen ist nur, dass bei Zuwiderhandlung Sanktionen drohen.

Alles in allem gibt das IOC hier kein souveränes Bild ab. Stärker noch: die Verantwortlichen offenbaren, dass sie noch nicht im digitalen Zeitalter angekommen sind. Auch wenn sie Sportler dazu zwingen können, sich an ihre Regeln zu halten – sie verstoßen gegen ungeschriebene Gesetze des Internets, schädigen den Sport durch einseitiges Denken und ignorieren die medialen Risiken und disruptiven Kräfte von sozialen Netzwerken. 

Zeigen Sie dem IOC, wie Sie die Interaktion im Netz für sich nutzen, statt sie zu verbieten – wir unterstützen Sie gerne!

Interaktion und Austausch sind die Schlüssel zum Erfolg im Digitalen Marketing. Mit ihnen erhöhen Sie Ihre Reichweite und nutzen Sie die Dynamik digitaler Netzwerke für sich. Wenn Sie Ihr digitales Marketing zukunftsorientiert aufstellen möchten, zeigen wir Ihnen gerne, wie Sie es besser machen können als das IOC.

Damit Sie wissen, nach welchen Regeln Sie in Social Media spielen sollten (auch wenn Sie für's IOC arbeiten), haben wir Ihnen die wichtigsten im Social Media Navigator zusammengefasst. 

 

Mögen die #Spiele beginnen!

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Navin Mani

Managing Partner
Navin Mani verantwortet seit 2009 als Managing Partner den Geschäftsbereich Consulting und ist Head of Sales der divia GmbH. Er ist bereits seit 2003 als leidenschaftlicher Unternehmer und selbständiger Berater aktiv und gründete seit dieser Zeit mehrere Unternehmen. Sein Studium absolvierte der Diplom-Ökonom an der Universität Hohenheim. Seine Schwerpunkte sind: Marketing-Strategie, Inbound-Marketing, Marketing-Automatisierung, Market Intelligence und KI. Als Projektmanager und gefragter Workshopleiter gibt er sein Wissen über Marketing-Strategie und Leadgenerierung weiter.