Philipp von Schmeling 8. November 2017

Digitale Transformation und ihre Auswirkungen auf Führungsstrukturen

Die digitale Transformation beschäftigt Unternehmen schon seit einigen Jahren. Mit ihr einher gehen Veränderungen in den internen Prozess-und Managementstrukturen. Ein eigenes Thema bildet dabei die digitale Transformation und ihre Auswirkungen auf die Führung. Diese Thematik wird mit dem Begriff Digital Leadership beschrieben. Sie ist eine Folge der Erkenntnis, dass die Einführung digitaler Unternehmensstrukturen nicht unter Beibehaltung althergebrachter Hierarchien und Managementformen möglich ist.Das digitale, unternehmerische Leben ist geprägt von höherer Geschwindigkeit, größerer Mobilität und neuen Anforderungen an die Kommunikation innerhalb der Unternehmen. Diese sind in unterschiedlicher Art und Weise auf diese Veränderungen vorbereitet – horizontal wie vertikal. Für manches Unternehmen wird Digital Leadership dabei zu einer großen Herausforderung. Geht es beispielsweise um mittelständische Unternehmen mit eher straffen, hierarchischen Strukturen wie auch um sehr große Unternehmen, in denen eine Vielzahl von Abteilungen und Mitarbeitern über mehrere Standorte hinweg miteinander kommunizieren und Teams bilden müssen, stehen ihnen umfangreiche Änderungen ins Haus. Aufgrund der hierarchischen Strukturen werden diese vor allem top-down implementiert und verlangen ein Umdenken in der Chefetage. Dabei geht es nicht nur um abstrakte Veränderungen der Führungsstruktur im Unternehmen, sondern um Veränderungen, die der einzelne Manager an seinem persönlichen Führungsstil und an seiner Einstellung zum Thema Führung und Digitalisierung zulassen muss.

Digitale Transformation und ihre Auswirkungen auf Führungsstrukturen bei Start-Ups

Start-Ups setzen sich vielfach an die Spitze bei der digitalen Transformation von Führungsstrukturen. Sie haben es prinzipiell einfacher als etablierte Unternehmungen, Digital Leadership zu praktizieren. Sie müssen keine Widerstände und keine Unkenntnis im Hinblick auf digitale Strukturen und Möglichkeiten in bestehenden Hierarchien überwinden, da sie ihr Geschäft bereits mit den entsprechenden Grundlagen des digitalen Lebens beginnen. Es verwundert deshalb nicht, dass manches alt eingesessene Unternehmen sich mit einem Startup verbündet, um digitale Führungsstrukturen in der Praxis besser zu verstehen und umzusetzen. Start-Ups sind Vorreiter und Vorbilder. Das bietet ihnen insgesamt die große Chance, sich erfolgreich in einer immer stärker digitalisierten Wirtschaft zu etablieren. Und wo eine Annäherung und Zusammenarbeit unmöglich erscheint, sind sie oft in der Lage, disruptive Geschäftsmodelle zu lancieren.

IT-Systemhäuser und Digital Leadership

Auch IT-Systemhäuser sind vielfach besser vorbereitet, digitale Führungsstrukturen umzusetzen als klassische Industriebetriebe. Das liegt daran, dass der IT-Bereich von Beginn an auf flache Hierarchien und digitale Kommunikationsformen gesetzt hat zu einer Zeit, als die digitale Transformation noch am Anfang stand. Im IT-Bereich ist beispielsweise die Kommunikation auf Augenhöhe zwischen Führungskräften und Mitarbeitern in vielen Betrieben schon seit langem Realität. Es gibt auch Ausnahmen zu dieser Regel, aber IT-Projekte vertragen sich inhaltlich vielfach nicht mit straffen hierarchischen Führungsstrukturen von oben nach unten. Kreativität und Teamwork, die die Grundlage kreativer IT-Lösungen sind, verlangen nach einer kommunikativen und kooperativen Atmosphäre. Letztere ist auch ein wesentliches Element von Digital Leadership. Selbst angestammtere Betriebe mit klassischeren Strukturen haben hier immerhin den Vorteil, dass ihnen die Notwendigkeit zur Weiterentwicklung bewusst ist.

Digitale Transformation und ihre Auswirkungen auf die Führungsstrukturen von Industrieunternehmen

Klassische Industrieunternehmen haben es am schwersten, wenn es um die Übertragung der digitalen Transformation auf den Bereich Führung geht. In vielen dieser Unternehmen hält man noch immer an autoritär hierarchischen Strukturen fest. Im Zuge der digitalen Transformation stellen diese Unternehmen jedoch fest, dass diese Führungsstrukturen die erfolgreiche Digitalisierung eher behindern als fördern. Müssen Entscheidungen etwa erst durch mehrere Ebenen der Führung gelangen, um am Ende wirksam zu werden, kann nicht die Geschwindigkeit erreicht werden, die das digitale Leben prägt.

Wer Mitarbeiter führt und managt, die über den gesamten Erdball verstreut sind, kann sich nicht als unnahbarer und autoritärer Manager generieren, ohne den Kontakt zu seinen Mitarbeitern zu verlieren. Neben den vielfachen Herausforderungen, mit der Einführung digitaler Führungsstrukturen einhergehen, bieten diese Veränderungen aber auch vielfache Chancen für Industrieunternehmen. Es ist begleitend zu den erforderlichen Veränderungen möglich, Arbeitsprozesse insgesamt auf den Prüfstand zu stellen und insgesamt effektiver und effizienter zu werden. Auch lässt sich Mitarbeiterpotenzial durch Digital Leadership konsequenter entwickeln als in klassischen Strukturen.

Wie können digitale Führungsstrukturen umgesetzt werden?

Im Mittelpunkt der digitalen Transformation von Führung steht die Kommunikation. Das betrifft sowohl die Art und Weise, wie kommuniziert wird und auch mit welcher inneren Einstellung Mitarbeiter im Unternehmen angesprochen werden. Kein Unternehmen sollte meinen, eine solche Veränderung der Führungsstruktur sei mit der bloßen Einführung von digitalen Gestaltungsmitteln zu erreichen.

Letztere sind nur ein Teil der erforderlichen Veränderungen. In einem digitalisierten Unternehmen kommt dem einzelnen Mitarbeiter vielfach ein größerer Gestaltungsspielraum bei der Ausübung seiner Tätigkeit zu und damit einhergehend auch eine größere eigene Verantwortung. Führungskräfte müssen diese Elemente berücksichtigen.

Führen im digitalen Zeitalter entwickelt sich weg vom "Herrschen" hin zum "Coachen". Der Manager wird immer mehr zum Partner der einzelnen Mitarbeiter, der diesen beratend und motivierend zur Seite steht. Dabei sind in der digitalen Welt häufig auch räumliche sowie zeitliche Distanzen zu überbrücken. Wer nicht ständig an einem Ort zusammenkommen kann, muss darauf achten, dass sich keine Missverständnisse durch mangelhafte kommunikative Prozesse einschleichen, weil der persönliche Kontakt fehlt. Menschen kommunizieren nicht nur mit dem geschriebenen oder gesprochenen Wort. Vielmehr spielen auch nonverbale Signale im kommunikativen Bereich eine große Rolle. Auch diese nonverbalen Signale müssen eine entsprechende Plattform bekommen, um sich auszudrücken, damit Menschen wissen, woran sie miteinander sind. Infolgedessen ist zum Beispiel eine Videokonferenz unter Umständen ein besseres Medium in der Kommunikation als ein bloßer Telefonanruf, bei dem sich die Gesprächspartner nicht sehen können.

Digitale Transformation und ihre Auswirkungen auf die Führung: Use Cases and Best Practices

Die digitale Transformation verlangt nach anderen Führungskonzepten als klassische Führungsstile. Wer Digital führt, muss verstärkt motivieren und seine Mitarbeiter für selbständiges Denken und Arbeiten begeistern. In der Praxis kann dies unter anderem mit dem übergeordneten Element einer entsprechenden Vision erreicht werden.

Der Manager entwickelt eine Idee oder ein Leitbild, das die gesamte Arbeit und das Unternehmen trägt. An dieser Vision richten sich die weiteren Mitarbeiter aus. Beispiele für eine solche Vision sind zum Beispiel exzellenter Service oder Nachhaltigkeit. Es genügt allerdings nicht, entsprechende Leitbilder als Stichwort in den Raum zu werfen, dahinter sollte ein Gesamtkonzept stehen, das praktisch umsetzbar ist und konkrete Anleitung beinhaltet.

Zu den Best Practices im Bereich Digital Leadership gehört auch, dass das Management der Personalentwicklung noch größere Bedeutung einräumt als in klassischen Führungsstrukturen. So wird der digitale Manager etwa projektbezogen neue Rollen für Mitarbeiter entwickeln und dafür sorgfältig den passenden Mitarbeiter auswählen und schulen.

Ein prominentes Beispiel für das erfolgreiche Ändern von Führungsstrukturen (und insgesamt der Unternehmenskultur) ist das Handeln des aktuellen CEO von Microsoft, Satya Nadella, der sich mit seinen Änderungen zu Beginn nicht ausschließlich beliebt gemacht hat. Microsoft befand sich in einer eher unbequemen Lage. Der Anschluss an Apple und Google im Bereich Smartphone war grandios verpasst worden und viele hatten pessimistische Gedanken an die Zukunft des Unternehmens. Dazu kam eine Unternehmenskultur des Gegeneinanders und Nebeneinanders – nicht gerade der Zustand in dem man gerne das Steuer übernimmt. Satya Nadella setzte bewusst auf einen Change der Unternehmenskultur und auf ein Aufbrechen der vertikalen Strukturen zu Gunsten gegenseitiger Unterstützung und verstärktem Teamwork. http://www.businessinsider.de/microsoft-satya-nadella-company-culture-2017-9

Digitale Transformation und ihre Auswirkungen auf die Führung jetzt und in Zukunft

Manche Ratgeber bringen die Notwendigkeit der Transformation im Rahmen von Digitalisierung wie folgt auf den Punkt: Digitalize or Drown - Digitalisiere oder gehe unter! (Kapitelüberschrift in Shaping the Digital Enterprise: Trends and Use Cases in Digital Innovation and Transformation von Gerhard Oswald und Michael Kleinemeier herausgegeben 2017, Springer Verlag).

Diese zugespitzte Wertung gilt auch für die Einführung der Digital Leadership. Die digitale Transformation und ihre Auswirkungen auf die Führung ist eine eigene Thematik im Rahmen der Digitalisierung. Wer digital führen will und Digitalisierung einführen will, muss analog-klassische Elemente wie die Fähigkeiten, Entscheidungen zu treffen sowie Konflikte zu lösen mit in das digitale Zeitalter nehmen. Darüber hinaus müssen jedoch auch neue Elemente wie eine Kommunikation auf Augenhöhe, die Entwicklung motivierender Visionen, die Kommunikation über räumliche und zeitliche Distanzen hinweg mittels digitaler Medien sowie flache, entscheidungsstarke Hierarchien Raum finden.

Das fordert nicht nur das Unternehmen an sich, sondern vor allem die einzelne Managerpersönlichkeit. Wer sein Manager-Leben gerade erst beginnt, hat es etwas einfacher, da er von Beginn an entsprechende Strukturen aufbauen kann, bzw. in sie hineinwächst. Wer jedoch schon länger dabei ist, kann die Digitalisierung als sehr herausfordernd empfinden. Insbesondere wenn er sich von Handlungsmustern verabschieden muss, die sich in der Vergangenheit bewährt haben. Dennoch kommt kein Unternehmen, das zukunftsfähig werden oder bleiben möchte, daran vorbei, die digitale Transformation auch im Hinblick auf interne Führungsprozesse zu implementieren.

Arbeiten Sie in einem Unternehmen, dass sich dieser Herausforderung aktuell stellt oder stellen möchte? Unsere Strategieberater unterstützen Sie gerne darin, die Weichen für Ihre erfolgreiche Zukunft zu stellen.

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Philipp von Schmeling

Philipp von Schmeling schreibt im divia Blog zu Marketingthemen im IT- und B2B-Kontext. Sein aktueller Schwerpunkt liegt dabei auf der Inbound-Marketing-Methodik und Marketing-Trends. Im Projektmanagement organisiert und begleitet er Kundenwebinare.