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Keine Ahnung von Technik: Deutsche sind dumm!

Geschrieben von Dr. Martin Reti | 13. Januar 2015

Manchmal stößt man auf Studien, da kann man nur den Kopf schütteln. In einer repräsentativen (!) telefonischen Interviewreihe mit knapp über 1.000 Teilnehmern wollte TNS Infratest Ende letzten Jahres wissen, wie gut sich Menschen mit der Technik auskennen. Dazu stellten die Marktforscher ihren Interviewpartnern fünf Begriffe vor: M-Payment, Cloud Computing, Bluetooth Low Energy, Near Field Communication und Bitcoin. Allesamt Schlagworte, die verschiedene Aspekte der digitalen Revolution verkörpern. Kennen Sie sie? Glückwunsch. Die meisten Befragten eher nicht.

Nutzer haben keine Ahnung von der Technik

Allein M-Payment (also das mobile Bezahlen) ist weitgehend bekannt. 83 Prozent der Befragten sagte der Begriff etwas – auch wenn nur drei Prozent die Möglichkeit tatsächlich nutzen. Schon beim Cloud Computing fällt der Bekanntheitsgrad drastisch. Gerade mal 58 Prozent können mit der Rechenwolke etwas anfangen. 19 Prozent behaupten, es zu nutzen (auch wenn dieser Wert von der Wahrheit wohl dramatisch abweicht). Die Kenntnis der anderen drei abgefragten Worte liegt zwischen 34 und 14 Prozent. Bei Smartphone-Nutzern liegt die Kenntnis höher, aber wäre das eine Klassenarbeit … immer noch irgendwo zwischen ausreichend und mangelhaft.

Die Schlussfolgerung der Studienautoren: "Auch bei Smartphone-Besitzern ist insgesamt … ein hohes Maß an Unkenntnis festzustellen". Auf gut Deutsch: Ihr verwendet zwar Handys und Smartphones – doch Ihr habt keine Ahnung von Technik.

Das Zeitalter des Nutzers

Das kann man nun so feststellen und auch stehenlassen. Aber manchmal lohnt tatsächlich auch ein zweiter Blick. Sind wir überrascht? Nein. Unsere Interpretation lautet: Willkommen im Zeitalter des Nutzers (age of the user). Wer ein Smartphone oder auch ein Handy hat, der interessiert sich in der Regel nicht für die Technik, die in dem Gehäuse verbaut wird (abgesehen von einer technik-affinen Minderheit), sondern der interessiert sich für Funktionalität. Das Ding soll tun.

Nur die Wenigsten, die eine Software nutzen, entwickeln diese in ihrem Keller weiter, genauso wenig wie nur ein paar Experten ihr Auto in der Garage tunen. Wir beschränken uns darauf, Duftbäumchen reinzuhängen, Kindersitze einzuschnallen und CDs einzulegen. Wir wissen nicht, wie ein ESP funktioniert, ein Airbag, ein MEMS oder ein ABS. Und trotzdem fahren wir Auto. Sind wir deswegen Idioten? Oder verkehrsunfähig?

Nutzerfreundlichkeit schlägt Technik-Know-How

In den letzten Jahren haben Anbieter von Software und Hardware erhebliche Anstrengungen unternommen, ihre Produkte und Dienste "usable" – einfach und intuitiv bedienbar – zu gestalten. Niemand muss mehr ein Technikguru sein, um ein Smartphone bedienen zu können. Die Berührungsängste mit Hightech sind verschwunden. Und das war ein nicht unerheblicher Aspekt auf dem Weg der digitalen Revolution unserer Gesellschaft.

Lassen wir Nutzer Nutzer sein

Muss ich also als Nutzer eines Smartphones oder eines Handy wissen, was Near Field Communication ist? Oder wissen, dass ich Cloud-Computing-Nutzer bin – auch wenn ich keine App auf meinem Display habe, die "Cloud Computing" heißt? Bin ich kompetenter in der Bedienung, wenn ich über die Dienste im Hintergrund Bescheid weiß? Ist die Kenntnis solcher Fachbegriffe ein echter Gradmesser für unsere Technologie-Reife? Das kann man wahrscheinlich auch mit einem dicken Nein beantworten. Die Technik darf Blackbox bleiben. Lasst die Nutzer Nutzer sein. Und lasst uns Cloud Computing nutzen, auch wenn wir nicht wissen, wie es funktioniert. Und lasst uns nicht in Panik ausbrechen, wenn wir nicht alles wissen. Und lasst uns nicht alle Zahlen glauben. Schöne Vorsätze für 2015.

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