Das divia Blog

Das Internet in 60 Sekunden – die Quellen

Geschrieben von Dr. Martin Reti | 28. Juli 2014

60 Sekunden im Internet – das beschäftigt alle diejenigen, die immer wieder mal erklären müssen, was denn diese digitale Transformation ist. Es ist nichts anderes als eine Form von Storytelling, mit der wir darstellen, wie sich unsere Welt vom Internet und allen seinen Folgen abhängig gemacht hat.

Doch woher nehmen wir die Zahlen, mit denen wir unsere Geschichte erzählen? Hier servieren wir eine Übersicht der Quellen. Im nächsten Post der Reihe werfen wir einen kritischen Blick über die kursierenden Infografiken. Und zu guter Letzt versuchen wir uns an einer eigenen aktuellen und kritisch dokumentierten Infografik.

Vier Übersichtsdienste für Kennzahlen im Internet

Wer an aktuellen Zahlen interessiert ist über die Menge der in 60 Sekunden transportierten Daten, der versandten E-Mails, der Likes, Shares, frischen Inhalte, der hat es heute recht einfach und muss nicht auf die neueste Ausgabe der Intel-Infografik warten. Am einfachsten geht das, wenn man Übersichtsseiten besucht, die alle Daten schon zusammengetragen haben. Die widersprechen sich zwar teilweise ganz gehörig. Das sollte man aber gelassen sehen und es mit Marcel Achard halten: “Die Lüge hat zwei Steigerungsformen: die Diplomatie und die Statistik”.

Die Messverfahren sind wahrscheinlich noch immer nicht das, was wir von ihnen erwarten (ein schönes Beispiel bietet der Einsatz der Flickr-API) und manchmal ist wohl auch der Wunsch der Vater des Gedankens, so dass die erhaltenen Ergebnisse ein wenig großzügiger ausgelegt werden. Aber was soll’s – wir stellen uns am besten auf den Standpunkt: Besser geht’s nicht.

Hier also erstmal vier Übersichtsseiten, die einen Haufen Daten vorhalten. Wer den Zahlenraum bis etwa 10 hoch 15 beherrscht, gewinnt damit leicht Zahlen für seine eigene Infografik.

Expandedramblings

Craig Smith bietet auf Expandedramblings.com einfache Liste verschiedenster Daten. Das Positive daran: Alle Daten sind mit einem Zeitstempel versehen, so dass der geneigte Rechercheur schnell sehen kann, wie es denn um die Aktualität steht.

Statisticbrain

statisticbrain.com verwendet zumindest schon mal Tabellen für die Darstellung und stellt auch die Entwicklung von Daten im Jahrestakt dar. Sogar Quellen werden angegeben. Allerdings scheinen die Daten mit etwas Vorsicht zu genießen. Für Twitter werden beispielsweise zum Stand Juli 2014 58 Mio. Tweets pro Tag angegeben. Das ist – ganz subjektiv geschätzt – die Menge an Tweets, die ein Spiel der DFB-Elf bei der WM produziert hat* Twitter selbst hat bei seinem IPOdurchschnittlich 500 Mio. Tweets pro Tag angegeben (und das war im Oktober 2013). Es ist nachvollziehbar, dass einem angesichts solcher Zahlen schnell mal schwindlig werden kann. Aber Faktor 10 ist schon eine ganze Menge. Und Schrumpfung? Das ist heutzutage wohl kaum akzeptabel, wo die Nutzungszahlen nur eine Richtung kennen …

Internetlivestats

Internetlivestats.com reichert seine Zahlen ebenfalls teilweise mit Quellen an. Hier werden sogar Insider zitiert. Allerdings zeigt sich hier das “Internet in Echtzeit”: Mehrstellige Zahlen zählen. Sie haben das sicher schon mal gesehen bei den berühmten Uhren, die die deutsche Verschuldung oder die Abholzung des Regenwaldes angeben. Fixe Werte findet man hier auf die Schnelle nicht. Am besten man hat eine Stoppuhr dabei.

Oder macht einen Screenshot um 12:00 Uhr mittags.

Pennystocks

Noch eine stärkere Psyche benötigt man beim pennystocks.la.

Hier purzeln ebenfalls Echtzeit-Entwicklungen auf den Besucher ein. man bekommt einen Eindruck vom Zauberlehrling: Die Geister, die ich rief, werd’ ich nun nicht mehr los. Allerdings beginnt der Zähler hier im Moment des Besuchs zu zählen. Leider bleiben die Quellen hier völlig im Dunklen.

Aber wem ein Aquarium als Bildschirmschoner zu langweilig ist, der ist hier gut bedient.

Geschäftsberichte als Quelle für finanzielle Kennzahlen

Häufig soll ja auch die finanzielle Dimension des Internet für den Handel dargestellt werden. Da wird natürlich gerne die Frage gestellt: “Was verdient denn Amazon so in einer Minute?” Da werden die Geschäftsberichte zum Segen. Nicht nur Amazon und eBay, sondern auch alle anderen Internet-Unternehmen, die sich auf dem Börsenparkett tummeln, müssen uns regelmäßig mit finanziellen Kennzahlen versorgen. Aktuell ist es wieder an der Zeit für aktuelle Quartalszahlen. Typische Kandidaten hierfür sind LinkedIn, Google, Facebook, eBay, Amazon und seit Kurzem auch Twitter.

Neben Investoren wird bisweilen auch die Presse mit aktuellen Zahlen versorgt. Youtube, Instagram, Facebook und dieWikimedia Corporation liefern hier mehr oder weniger detailliert aktuelle Daten. Wegen des einfachen Zugriffs und der regelmäßigen Aktualisierung sind auf jeder Infografik auch immer frische Youtube-Zahlen zu finden. Für Youtube spielen die Zugriffszahlen aber auch als Mediadaten für die Reichweite potenzieller Werbetreibender eine wichtige Rolle.

Und was sonst noch so als Quelle dient

Facebook versteht das Spiel mit den Zahlen meisterhaft, kursieren doch gefühlt im Monatstakt neue, aktuelle Insiderzahlen in immer poppigerer Darstellung durch die viralen Weiten des Internet, die uns einen Eindruck vom ungebremsten Wachstum des Netzwerks geben sollen. Die gehen meistens auf Blogs wie Allfacebook.com oder insidefacebook.com zurück. Aber auch Analysten mit ihren Hintergrundinfos spielen durchaus eine Rolle bei der Beschaffung aktueller Zahlen. Bisweilen sind es aber auch nur Prognosen berufener Experten oder Spezialisten, auf die wir in Ermangelung echter Messwerte zurückgreifen. Gerne zitiert wird die Cisco-Prognose für die Entwicklung des Internet-Traffic.

Und dann bleiben natürlich noch die Fachmagazine und Allgemeinpresse. Die berichten gerne aus aktuellen Anlass wie einer Übernahme oder einer Übernahme-Offerte. Schön zu sehen am Beispiel von WhatsApp und Snapchat. Man sollte nie vergessen, dass die Zahlen den eigentlichen Wert eines solchen Internet-Unternehmens ausmachen. Es ist allerdings in den beschriebenen Fällen zu erwarten, dass diese gerne ein bisschen aufgerundet werden, damit die Braut ein wenig hübscher wird.

Im nächsten Post dieser Reihe stellen wir mal die kursierenden Grafiken zusammen und weisen auf ein paar Probleme beim Vergleichen hin. Mehr Infos über den Einsatz von Web und Social Media für das Business gibt es hier.

* Die wahren Zahlen zu dieser Behauptung: 580.166 Tweets pro Minute beim 5:0 im Halbfinale und neuer Twitterrekord am 13. Juli nach dem Schlusspfiff #GERARG mit 618.725 Tweets pro Minute. Quelle: silicon.de

 

 

Die aktualisierte Infografik Stand 06/2015